In den Wirtschaftswissenschaften wird Nutzen als das Maß an Bedürfnisbefriedigung definiert, welches ein Wirtschaftssubjekt durch den Konsum von Dienstleistungen und Gütern erreichen kann. Zu den Wirtschaftssubjekten, die einen Nutzen erzielen können, zählen sowohl Privathaushalte als auch Unternehmen, Personenvereinigungen verschiedenster Art sowie sämtliche Elemente und Ebenen eines Staates.
Inhalt
Theoretischer Rahmen
Der wirtschaftswissenschaftliche Begriff des Nutzens ist eng mit den beiden Konzepten Bedarf und Bedürfnis verbunden. Bedürfnisse stellen in diesem Zusammenhang Wünsche von Individuen dar, die auf einem bestimmten Mangelzustand beruhen. Dabei kann es sich einerseits um konkrete Dinge wie z. B. Nahrung oder Kleidung handeln. Es können jedoch auch nicht greifbare Dinge wie z. B. der Wunsch nach einer Dienstleistung wie Transport, Reparatur oder Beratung sein. Wirtschaftssubjekte sind bestrebt, ihre Bedürfnisse durch den Erwerb von Gütern und Dienstleistungen zu befriedigen.
Damit ein solches Bedürfnis tatsächlich befriedigt werden kann, muss eine entsprechende Kaufkraft vorhanden sein. Ist dies der Fall, spricht man von Bedarf. Bedarf ist die mit Kaufkraft ausgestattete Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen von Privatpersonen, Unternehmen und anderen Wirtschaftssubjekten.
Sind bestimmte Güter und Dienstleistungen in der Lage, die Bedürfnisse eines Wirtschaftsakteurs zu befriedigen, haben sie einen Nutzen. Wie hoch dieser Nutzen konkret ist, hängt sowohl von den jeweiligen Eigenschaften des Guts bzw. der Dienstleistung als auch den Zweckvorstellungen des Konsumenten ab. Der Zweck von Unternehmen ist die Gewinnmaximierung. Privathaushalte betreiben hingegen Nutzenmaximierung. Lesen Sie hier alles zur Gewinnmaximierung.
Während sich Gewinnmaximierung anhand des Gewinns objektiv quantifizieren lässt, ist der Nutzen für Privathaushalte stets auch mit einer subjektiven Komponente versehen. Hieraus lassen Rangfolgen verschiedener Güterbündel anordnen, welche auch als Präferenzrelationen bezeichnet werden.
Verschiedene Arten des Nutzens
Der Nutzenbegriff wurde im Laufe der Zeit auf vielfältige Weise ausdifferenziert. Es existieren verschiedene Arten des Begriffs, welche neben der funktionalen Komponente eines Guts auch individuelle, psychologische Aspekte berücksichtigen. Zudem wird der Begriff in der Volks- und Betriebswirtschaftslehre für unterschiedliche Aspekte verwendet.
Utilitaristischer oder funktionaler Nutzen
In der klassischen ökonomischen Theorie verfügt jedes Produkt über einen utilitaristischen Wert. Dieser, auch als funktionaler Nutzen, bezeichnete Wert bezieht sich auf die unmittelbare Basisfunktion eines Produktes. In diesem Sinne ist der Nutzen eines Fahrzeugs z.B. die Möglichkeit zum Transport von Personen und Gütern.
1940 unterteilte Wilhelm Vershofen, oft als Vater der europäischen Marktforschung bezeichnet, den Nutzen in den stofflich-technischen Grundnutzen und den psychologischen Zusatznutzen. Durch die Hinzunahme der psychologischen Komponente lassen sich weitere Unterkategorien von Nutzen definieren.
Hedonistisch-sinnlicher Nutzen
Der Besitz und die Verwendung eines Gutes können beim jeweiligen Nutzer Freude, Spaß und Vergnügen auslösen. Es spielt dabei eine untergeordnete Rolle, ob dies eine beabsichtigte Eigenschaft des Gutes ist oder lediglich als Nebeneffekt aus den jeweiligen Präferenzen des Nutzers resultiert. Diese Form des Nutzens leitet sich aus den individuellen und emotionalen Prozessen des Käufers ab.
Symbolischer Nutzen
Ebenfalls psychologischer Natur ist der sogenannte symbolische Nutzen oder Geltungsnutzen. Er resultiert aus der möglichen Verwendung eines Produktes als Statussymbol. In dem Fall äußert sich der individuelle Nutzen für den Käufer in zusätzlichem Prestige, der Identifikation mit einem bestimmten Ideal oder einer Gruppenzugehörigkeit.
Nutzenbegriff in der Betriebswirtschaftslehre
Im Rahmen der Betriebswirtschaftslehre lässt sich der Nutzen anhand einer Kosten-Nutzen-Analyse untersuchen. Diese Analyse dient als eine Form der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Mit ihr kann man herausfinden, ob der Nutzen einer Anschaffung oder Unternehmung die dafür anfallenden Kosten rechtfertigt. Diese Art der Analyse kommt besonders im öffentlichen Sektor zum Einsatz, in welchem vielfach die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit beachtet werden müssen.
Ferner thematisiert die Betriebswirtschaftslehre den sogenannten Kundennutzen. Dabei handelt es sich um jenen Nutzen, welcher von einem Kunden durch dessen Kaufentscheidung tatsächlich wahrgenommen wird. Als solches beinhaltet der Kundennutzen alle Faktoren, welche die Kaufentscheidung des Kunden beeinflussen. Der Kundennutzen lässt sich wiederum in eine Reihe von Teilnutzen unterteilen.
Man unterscheidet dabei zwischen Produktnutzen und Marktposition. Beim Produktnutzen handelt es sich um explizite Kriterien wie Preis, Leistungsdaten oder Garantien. Dies sind Größen, die dem Kunden vor dem Kauf bekannt sind. Im Gegensatz dazu deckt die Marktposition jene impliziten Kriterien ab, die dem Kunden vor seiner Kaufentscheidung nicht bekannt sind. Hierzu zählen z. B. Zuverlässigkeit, Betriebskosten oder die Qualität des Services. Da der Kunde hierüber vor dem Kauf keine ausreichenden Kenntnisse hat, kompensiert er seine Wissensdefizite über die Marktposition des Anbieters.
Unternehmen sind bestrebt, den Kundennutzen ihrer Produkte und Dienstleistungen über den Kundennutzen von Konkurrenzangeboten zu steigern. Dies ist zum einen durch eine Verbesserung der expliziten Kriterien möglich (Preissenkung oder verbesserte Qualität). Gleichzeitig können Unternehmen auch ihre eigene Marktposition z. B. via Marketing oder einer Stärkung der Kundenbeziehung ausbauen.
Nutzenbegriff in der Vorlkswirtschaftslehre
Erstmalig kam der wirtschaftswissenschaftliche Begriff des Nutzens in der Volkswirtschaftslehre auf. Eine der zentralen Annahmen der Volkswirtschaftslehre ist es, dass alle Haushalte stets nach Nutzenmaximierung streben. Als Grundlage hierfür dient die Definition des Menschen als Homo oeconomicus, sprich als rationaler Agent. Solch rationale Agenten agieren als Wirtschaftssubjekte innerhalb einer Wirtschaft immer nach dem ökonomischen Prinzip.
Unter dem ökonomischen Prinzip verstehen Wirtschaftswissenschaftler die Annahme, dass Wirtschaftssubjekte bei ihrem wirtschaftlichen Handeln stets zwischen den eingesetzten Mitteln und dem Ergebnis abwägen. Weil ihre materiellen und immateriellen Güter begrenzt sind, versuchen rationale Wirtschaftssubjekte diese zweckrational zur Nutzenmaximierung einzusetzen.
Da Personen untereinander ein individuelles Verhalten aufweisen, welches zum Teil durch subjektive Kriterien bestimmt wird, schreibt die Volkswirtschaftslehre Personenhaushalten Präferenzen zu. Die jeweilige Präferenz entscheidet darüber, welche Kombination aus Gütern im Rahmen der Nutzenmaximierung vom jeweiligen Personenhaushalt präferiert wird. Hieraus lässt sich eine Präferenzrelation zwischen verschiedenen Güterkombinationen ableiten.
Die Mikroökonomik geht davon aus, dass bei einem Marktgleichgewicht Nutzenmaximierung herrscht. Ein solches Marktgleichgewicht besteht, wenn sich Angebot und Nachfrage die Waage halten.