Im Laufe der letzten beiden Jahre haben wir immer mehr virale Videos entdeckt, die eine interessante Frage aufwerfen: Wie machen Firmen in einer Branche auf sich aufmerksam, in der es Werbeverbote gibt? Sie kommen nicht gleich drauf: Denken Sie einfach einmal an Erotik, Tabak oder andere Dinge, die erst ab 18 Jahren legal erworben werden dürfen.
Nehmen wir einfach mal den Marlboro-Mann. Wann haben Sie den zuletzt gesehen. Vermutlich im Kino. Woanders dürfen die Hersteller von Zigaretten aufgrund von gesetzlichen Beschränkungen gar nicht mehr werben. Dabei hatte der Tabakkonzern Mitte des 20. Jahrhunderts Unsummen in sein Werbebudget gesteckt – und nun kommt die Werbung nicht mal mehr im Fernsehen.
Inhalt
Wie man mit viralen Videos für Erotik wirbt
Genau so geht es auch in Amors Branche zu (genau der Erotik-Branche… oder „erwachsenen-Unterhaltung“ / adult Entertainment).
Großflächige Annoncen oder Anzeigen schalten ist häufig von Gesetztes wegen nicht gestattet oder nicht praktikabel. Im Zweifel lehnt jede Online-Plattform derlei Werbe-Anzeigen mit dem Hinweis auf die eigenen Anzeigenbedingungen ab. So können Firmen zwar bei Adwords zum Thema „Sex Shop“ noch Werbung schalten. Bei Online-Werbung für echte Pornografie verstehen die Plattformbetreiber aber meist überhaupt keinen Spaß. Was können also Unternehmen in so einer Branche überhaupt noch tun?
Die spanische Werbeagentur Vimema hat im Auftrag einer Messe zum Thema Erotik mehrere virale Videos gedreht, die durch die clevere Verpackung des Themas auf den einschlägigen Video-Plattformen, ein passendes Video-Seeding und massenhaftes Teilen der Videos schnell eine große Verbreitung fanden. Einer der Video-Spots bekam ca 4 Mio Klicks. Das ist für eine regionale Messe mehr als beachtlich. Was hat die beauftragte Werbagentur also gemacht?
Virale Videos als Ersatz für klassische Werbung
Die beiden Videos nutzen die Funktion unseres Gehirns voll aus: Sie sehen nette, sympathische Menschen, die sich – etwas überraschend – nicht so verhalten wie wir das erwarten. Das Resultat: Man schaut am Ende genauer hin … und hat die Aufmerksamkeit für besagte Veranstaltung. Werbeziel erfüllt.
Hätten Sie gleich bemerkt, wofür hier geworben wird?
Wenn man sich die Videos aus der Sicht der Video-Produktion einmal genauer anschaut, dann wird außerdem klar, daß die beteiligten Firmen kein übermäßig hohes Budget aufwenden mussten: Drei Darsteller, eine etwas abgelegene Location (Bushaltestelle) und professionelles Video-Equipment. Neben einer guten Konzeption und einem Storyboard, einem Tag für den Dreh mit den Schauspielern sowie der Nacharbeit für den Schnitt fallen keine weiteren Produktionskosten an. Da das Video nach dem Seeding (der initialen Erst-Verbreitung) sich aufgrund seiner Viralität praktisch selbst überlassen wird, halten sich die Kosten für die Media-Distribution ebenfalls in Grenzen.
Ein virales Video für einen Bekleidungshersteller
Das dritte und vielleicht interessanteste virale Video stellt in etwa die Idee von „First Kiss“ nach, wo ursprünglich fremde Menschen den Weg zueinander fanden – um sich zu küssen.
Im hier angezeigten Clip fordern Porno-Stars „normale Menschen“ auf, sie zu berühren. Die Dialoge und Szenen, die daraus entstehen, sind nicht nur interessant zu betrachten – auch wenn natürlich alles jugendfrei ist und ohne Nacktheit auskommt. Der psychologische Aspekt kommt ebenfalls nicht zu kurz: Was machen Mensch wie Sie und ich, wenn Sie (bekleideter) Erotik-Star auffordert Sie zu berühren? Wie würden Sie reagieren? Definitiv eine Versuchung, oder?
Übrigens: Für Youtube als weltweit größte Video-Plattform war das besagte Video mit der Slogan „Touch me“ doch zu viel. Es wurde mit der Begründung, dass es gegen die Unternehmensrichtlinien verstößt, entfernt. Dafür können interessierte Werbekunden nun das virale Video auf Vimeo anschauen. Viel Spaß dabei.
P.S.: Was lernen „gewöhnliche“ Unternehmen aus dieser Erkenntnis? Viele Branchen, in denen es in Deutschland ebenfalls weiterhin Werbebeschränkungen gibt, nutzen die Möglichkeiten von Youtube, Facebook & Co. immer noch nicht. Zumindest nicht kreativ.
Dabei wäre es für Notare, Rechtsanwälte oder Ärzte und natürlich auch alle anderen Branchen mit etwas Kreativität leicht möglich sich zumindest vom Mitbewerb abzuheben. Leider passiert das bisher noch viel zu wenig. Dabei sind vor allem virale Videos sehr geeignet, Interessierte Surfer auf die eigenen Homepage zu leiten und für mehr Besucher für die Website der werbenden Firmen zu sorgen.
Zum Glück haben einige Firmen (wenn auch nur die sehr großen) das Video-Marketing für sich als Disziplin entdeckt. Welche das sind, erzählen wir in unserer Folge der besten viralen Social Media Kampagenen.